TV

Bitte nach unten scrollen!     

BR - HR - MDR - NDR - SR -- SWR - WDR

TV am 22.06.2003

Airbush und Body Painting Künstler

Moderation Susanne Genc: Jetzt besuchen wir hier in Frankfurt am Main einen recht bekannten Künstler der Gegenwart: RM ! Genau, er ist der Zwillingsbruder von MM (. Komm mit!

Reiner Mertz: Hallo, herzlich willkommen! Hallo!
 Susanne: So, hier ist er: Reiner Mertz! Hallo!
Susanne: Was wird das? Ein Tiger!
Reiner: Nein - ein Königstiger!
Susanne: Ach so. Und was hältst du da in der Hand?
Reiner: Das nennt sich „Air Brush“! Durch den Schlauch wird Druckluft geblasen, und die sprüht Farbe vorne aus der Düse. Das ist ungefähr wie bei einer elektrischen Zahnbürste – nur technisch noch viel feiner! Die Farbe wird fein versprüht. 
Susanne: Okay, dann störe ich dich mal nicht länger! Mal ruhig weiter. Das mit dem „Air Brush“ ist schon eine interessante Maltechnik. Wie hast du angefangen, damit zu arbeiten?
 
Reiner: Den Air Brush benutze ich jetzt schon 4 Jahre. Vorher habe ich mit dem Pinsel gemalt. Dann fand ich in einem Buch einen Artikel über Air Brush. Ich habe gelesen, dass er fast 100 Jahre alt ist und um 1890 vom Engländer Charles Burdick erfunden wurde. Ich probierte ihn aus, es sagte mir zu und ich experimentierte immer weiter. Ein Nachteil ist nur: Man atmet beim Sprühen die ganze Farbe ein. Einmal war ich gerade mit einem Bild fertig geworden, mit dem ich sehr zufrieden war, als meine Frau das Zimmer betrat. Ich erschrak, weil ich feststellte, dass meine Nase voller Farbe war! Ich nahm ein Taschentuch und schnupfte alles aus: Da war das Taschentuch auch voller blauer Farbe. Seit dem arbeite ich meistens mit einer Schutzmaske.
 Susanne: Dein Bruder MM und du, ihr seid eineiige Zwillinge. Und beide sind Kunstmaler! Woher kommt dieses gemeinsame Interesse?
Fotos 1950: Die Gebrüder Mertz werden geboren. Mit Vater Mertz - Wer ist wer? da
Reiner: Naja, unser Vater war Malermeister. Wir haben ihm jeden Tag über die Schulter geschaut. Mein Vater nahm schon 1955 Manfred und mich in seinem Motorrad überall mit hin, wo er was zu malen hatte. Wir schauten ihm stundenlang zu. Vor allem, wie er die Farben mischte. Das hat sich uns sehr eingeprägt. Später verloren mein Bruder und ich ein wenig die Verbindung zum Elternhaus, weil wir in eine Taubstummenanstalt kamen, wo wir zur Schule gingen. Von Montag bis Freitag hatten wir mit dem Lernen und mit der oralen Erziehung genug zu kämpfen. Aber auch Samstag und Sonntag mussten wir im Heim bleiben. Was machten wir also? Wir malten. Malten stundenlang. Was sollte man auch ohne Kommunikation mit Hörenden damals Anderes machen? Malen war einfach etwas Visuelles, etwas, das uns innerlich aufbaute. Das war eine Erfahrung, die uns erfüllte und die sich dann später bemerkbar gemacht hat.
Reiner: Meine große Leidenschaft damals waren die Comichefte. Die waren natürlich alle mit Sprechblasen. Heute haben wir ja z.B. die Fernsehuntertitel. Das gab es früher nicht! Die Sprechblasen waren ein toller Ersatz für mich. Die Lehrer der Taubstummenanstalt nahmen mir aber die Comics immer weg. Damals verstand ich einfach nicht, warum sie das taten. Heute vermute ich, dass sie Comics irgendwie abartig und zu brutal fanden! Aber wer kann das noch wissen? Ich musste mich also immer beherrschen, bis wir endlich mal wieder nach Hause durften. Dort stürzte ich mich sofort wie ein Wilder auf meine Comicberge, um alles nachzuholen, was ich verpasst hatte. Das saugte ich wie ein Schwamm in mich auf: Diese Welten der schönen Farben und der Fantasie, die haben sich in mir festgesetzt, und heute schwappt das alles zurück auf meine Bilder.
 Susanne: Jetzt weiß ich, warum deine Bilder oft wie Comics aussehen. Du malst also im Pop-Art-Stil?
Reiner: Ja, so ungefähr! Aus den Comiczeichnungen wurden Pop-Art Bilder. Mein Vorbild hierbei sind die berühmten Amerikaner Roy Lichtenstein und Mel Ramos. So malte ich jahrelang, mit immer verbesserter Technik. Z.B. sind meine Bilder jetzt nicht mehr so einfarbig. Wo ich damals eine Orange-Farbe benutzte, sind es heute drei verschiedene. Ich male jetzt Bilder im 3-D-Effekt, mit Hilfe von Licht- und Schattenstrukturen. Dabei versuche ich immer, etwas surreal zu bleiben. Die Motivation dafür steigert sich immer weiter.
                                       
Mel Ramos                           Roy Lichtenstein
Es werden verschiedene Bilder gezeigt: Fotoauftrag/ Air Brush Susanne spaziert an einer Galerie vorbei.
Pablo, Galerist: Der Erfolg von Reiner Mertz ist in seinen Bildern drin. Und seit fast 6 Jahren arbeiten wir zusammen, und wir haben auch zwei sehr erfolgreiche Ausstellungen zusammen gemacht. 
 Sandra, Galeristin: Ich denke, einer der ausschlaggebenden Punkte wäre die präzise Technik, was seine Bilder betrifft, unter anderem die Farbintensität, parallel gekoppelt einfach mit dem Ausdruck seiner Bilder. Ich habe sehr häufig ausprobiert, die Bilder ins Schaufenster zu hängen, und sie sind nach wie vor immer wieder ein Eye-Catcher. Also, es können sehr wenige Menschen einfach an seinen Bildern vorbei laufen.
 
Susanne: Du betätigst dich auch immer mehr für Hörende und Gehörlose als „Bodypainter“. Woher kommt deine Interesse, Körper zu bemalen?
 Reiner: Na ja, mit dem Airbrush-Pinsel kann man eben nicht nur Bilder auf die Leinwand zaubern, sondern eben auch z.B. auf die Haut. Natürlich probierte ich es zuerst an meiner Frau Maggi aus. Privat. Zu Hause. Sie war mein Versuchskaninchen. Ich sprühte ihr Blusen und Pullover auf die Haut. Das war schön. Sie sah angezogen aus, obwohl sie vollkommen nackt war. Das wollte ich jetzt auch vor einem Publikum machen. Ich bewarb mich mit dieser Showidee bei den Kulturtagen in München, und wurde damit auch angenommen. Dort stand ich nun auf der Bühne und fragte die Besucher, wer Lust dazu hätte. Ich wollte nicht, dass es wieder meine Frau machen musste. Zum ersten Mal bemalte ich einen Fremden. Die Zuschauer fotografierten wie wild. Ich bin ja schließlich der einzige Gehörlose-Bodypainter, der das praktiziert. Nun kamen immer mehr Anfragen von Veranstaltungen, Discos etc. Eine z.B. war in Frankfurt. Ich nahm ein gehörloses Model mit, das dazu bereit war, und besprühte sie. Noch während der Arbeit meldeten sich immer mehr Hörende im Publikum und sagten mir, dass sie auch mal für mich Modell stehen wollen. Wow, so was gibt es in der Gehörlosenkultur nur selten. Gehörlose genieren sich zu sehr, weil sich die meisten untereinander kennen. Hörende Modelle melden sich viel mehr. Ein Vorteil für mich
                   
 Susanne: Hast Du außer deiner Malerei noch mehr Hobbys?

E x t r e m s p o r t

Reiner: Früher ja! Ich war Drachenflieger, dann war ich Surfer, Snowboarder oder Kartrennfahrer – aber ich habe gar nicht so viel Zeit, weil ich auch schon seit 23 Jahren als Zahntechniker arbeite. Ich bin Leiter in der Labor Praxis, und am Abend brauche ich die meiste Freizeit für meine Bilder.
Fotos: Drachenflieger,Windsurfer, Kartrennfahrer,Snowboarder,

Reiner liebte Sportarten,die einen gewissenen Reiz bieten,wo das Risiko einschätzbar ist
                                                  -siehe Presse-
                  
                    
                    

Hinter den Kulissen
Drehpause   
     Ende der Dreharbeit
Bericht: Marco Lipski
Moderation: Susanne Genc
Kamera: Kalle Klaas
Ton: Robert Kehl
Schnitt: Beate Köster
BR - HR - MDR - NDR - SR -- SWR - WDR
nach oben